Von Mangel zu Reichtum und Mitgefühl
- louël
- 2. Apr. 2023
- 11 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 10. Apr. 2023
Dieses mal möchte ich mit euch eine Geschichte der anderen Art teilen. Es ist weder ein Reisebericht, noch wohnt ihr der Zauber der Natur inne.
Vielmehr teile ich mit euch einen Prozess, welchen ich kürzlich gemacht habe, und welchen wahrscheinlich viele von euch in ähnlicher Weise bereits mehrmals erfahren durften.
Es ist eine Geschichte des wahren Reichtums, doch inspiriert sie zu schreiben, wurde ich aus einem Mangelgefühl heraus.
Der Geschichte liegt das Gefühl eines finanziellen Mangels zu Grunde, reicht darüber allerdings weit hinaus und beschäftigt sich ebenfalls mit dem Urstein aller Mängel; dem Mangel an Liebe und Vertrauen.
Doch keine Sorge, meine Erzählung wird euch nicht in unsinnige Untiefen allen Übels schicken, sondern euch vor allem berichten, wie aus einem Mangelempfinden wahre Fülle erkannt werden und Mitgefühl wachsen kann. Die Erzählung begleitet euch durch einen für mich wertvollen Prozess, und ich hoffe, dass auch ihr etwas für euch mitnehmen könnt.
Auslöser für diese Geschichte ist ein Betrug. Ein Internetbetrug, um genau zu sein. Es ist das zweite mal in meinem Leben, dass ich auf so etwas herein falle und dementsprechend schäme ich mich etwas dafür. Doch ich möchte über diesen Schatten springen und meinen Prozess mit diesen Zeilen abrunden. Wenngleich er sicherlich nicht zu Ende sein wird.
Schon seit längerer Zeit gibt es den Wunsch in mir, die kompakte, jedoch qualitätsstarke Sony Alpha 6400 für unsere Reise-, Natur und Blogfotografien zu besitzen. Ein Neukauf kam für mich aus zweierlei Gründen nicht in Frage: erstens der, für unsere Verhältnisse, hohe Preis, und zweitens der Widerstand gegenüber der Massenproduktion an Elektrowaren in der Welt des Kapitalismus´.
Sowohl ein Gefühl des finanziellen Mangels, sowie Idealismus führten also dazu, mich auf dem Gebrauchtmarkt umzuschauen. Thema dieser Geschichte wird eher Ersteres sein.
Dementsprechend suche ich seit Monaten immer mal wieder auf einer wohlbekannten Kleinanzeigen-Plattform nach dieser Kamera. Doch auch dort wird sie teilweise hoch gehandelt.
Immer wieder gab es in mir diese Stimme, welche mir versuchte einen Kauf auszureden: “Du hast nicht genug Geld, um dir jetzt eine Kamera zu leisten.”, “Es gibt wichtigere Investitionen.”, “Du brauchts keine super Kamera, das Handy reicht auch.”, “Du wirst sowieso nicht in den vollen Genuss der Kamera kommen, denn du hast genug anderes zu tun.” usw.
Wahrscheinlich hatten sie zu einem gewissen Teil recht. Doch wohnte ihnen vor allem ein ganz bestimmtes Gefühl inne: Das Gefühl, im Mangel zu sein und mir nicht leisten zu können, was ich mir wünsche.
Jedes mal, wenn ich hier durch den schwedischen Wald wandere, an all den Eisskulpturen, Moosmandalas und magischen Winterlandschaften vorbei, dann wird meine Leidenschaft zur Fotografie geweckt. Doch wenn ich meine Handykamera zücke und das Ergebnis meist unbefriedigend bleibt, dann möchte ich auf das Mangelgefühl, welches mir den Kauf dieser Kamera verweigert, pfeifen.
So rangen diese zwei Seiten in mir eine ganze Weile im Hintergrund meines Bewusstseins.
Vor ein paar Tagen war es dann soweit: Mit 400 Euro, erschien eine vergleichsweise günstige Anzeige. Ein Kauf stimmte mit meinem Bauchgefühl überein. Da ich bereits in der Vergangenheit über diese Plattform einem Betrug unterlegen war, schaltete sich mein Kopf mit einer Skepsis ein. Das Profil schien mir allerdings anders als das der Betrügerin von damals. Dieses hier hatte gute Bewertungen, wurde bereits seit mehreren Jahren betrieben und hatte noch andere, vertrauenserweckende Anzeigen im Angebot. Nichts deutete auf einen Betrüger hin.
Als ich mit dem angeblichen Verkäufer Kontakt aufnahm, zögerte dieser nicht, mir über einen Messanger ein Foto seines Personalausweises zu schicken. Damit hatte er mich. Denn während ich bei dem letzten Betrug große Mühe hatte, den Namen und den Wohnort der Betrügenden herauszufinden, wähnte ich mich mit diesem Ausweis sicher.
Also bezahlte ich das Geld, blauäugig ohne Käuferschutz.
Einer bösen Ahnung folgend habe ich wenige Tage später erneuten Kontakt mit “Benjamin” aufgenommen (Den richtigen Namen nutze ich hier mal lieber nicht). Zunächst antwortete er mir gar nicht.
Nachdem ich ihn versuchte anzurufen, schickte er mir über den Messanger ein “GIF”, eine Animation, in welcher ein besonders cool aussehender Typ hämisch zur Seite spuckte. Daraufhin folgten Worte, die verdeutlichten, dass sich “Benjamin” über mich lustig machte.
Viele Gefühle wirbelten durch mich hindurch.
Vor allem eine immense Wut. Wut gegen den Betrüger, sowie gegen mich selbst. Innerlich beschimpfte ich mich, für meine Dummheit und spürte große Reuhe gegenüber Lou, dass ich eine, für uns recht hohe Summe Geld so achtlos verloren hatte. Der Traum mit der Sony Alpha 6400 bald die Schönheit der skandinavischen Landschaft einzufangen, zerbrach schlagartig, denn das Geld war nun fort.
Ich war schockiert über die Gemeinheit des Betrügers, sich auch noch so frech über mich lustig zu machen. Ein Teil von mir hätte ihn am liebsten am Kragen gepackt und ihn mit Gewalt dazu gebracht, mir das Geld wieder zu geben.
Nachdem der erste Schwall an Wut sinken konnte, hätte ich stattdessen gerne mit diesem Menschen geredet. Ihm in die Augen geschaut, um auf diese Weise irgendwie menschlicher mit ihm umzugehen.
Doch beides war nicht möglich. Am schwierigsten für mich auszuhalten war diese Machtlosigkeit, die mit dem Internetbetrug einherging.
Er war irgendwer, irgendwo und genau das war ich für ihn auch. Ein niemand von irgendwoher; Eine unsichtbare Beute, die ihm in sein virtuelles Netz gegangen ist.
Immer wieder blitzte vor meinem inneren Auge die Animation auf, immer wieder sah ich die Spucke aus dem Mund des virtuellen Menschens fliegen.
Es war nur eine Animation und doch fühlte es sich so an, als würde eben so ein gemeiner Typ vor mir stehen und sich über mich lustig machen.
Ich wurde an meine Schulzeit erinnert. In einer der Schulen, welche ich besuchte, gab es einige dieser “Möchtegerngangster”, die in Gangs aus Brüdern über den Schulhof zogen, und ihre Freude daran hatten, durch Taten wie Aus- oder Anspucken andere zu erniedrigen.
Damals gehörte dies für mich zum Alltag. Doch nun, etwa fünfzehn Jahre später, war ich fassungslos, wie gemein Menschen sein konnten. Opfergeschichten kamen auf. Ich hatte “Benjamin” doch gesagt, dass es für mich viel Geld sei und dass ich darauf hoffte, dass er ehrlich war, da ich schon einmal betrogen worden wäre. Wie konnte er einfach seine Betrugsmasche durchziehen, wie konnte ihm so egal sein, wie es anderen damit ergeht?
Mir wurde mal wieder bewusst, was für andere Welten noch so existierten, von denen ich meist nicht viel mit bekam. Der Großteil der Menschen, mit denen ich im Kontakt bin, sind aufrichtig, mitfühlend und kennen den Zugang zur Liebe. Halte ich mich zu viel in einer “Bubble” auf, dass ich zu unvorsichtig mit “anderen” bin?
Eine ganze Weile lang umkreisten mich Gedanken und Gefühle. Ich wusste, dass ich einfach hätte aufstehen und weiter machen können, doch aus irgendeinem Grund gab ich mich der Lähmung des Prozesses hin.
Das ist gemein! Das ist unfair! Ich bin so dumm! Der andere ist dumm, ein verdammtes Arschloch!
Dann ein Lichtblick; Elouan, mein fast zweijähriger Sohn, brachte mir ein Glas frischgepressten Orangensaft. “Papa, O´sche! Papa, O´sche!”, jauchzte er dabei. Und als ich den Saft trank freute er sich, ein Lachen entsprudelte seinem ehrlichen Herzen.
Dieser kleine Junge, der selbst den frischen Saft der Orangen so sehr liebt, hat es nicht dabei belassen, alleine in diesen Genuß zu kommen. Nein, es war ihm wichtig, dass auch ich etwas von dieser wertvollen Köstlichkeit abbekam. Ja, nachdem ich ausgetrunken hatte, eilte er sogar noch einmal in die Küche und kehrte mit dem Rest seines eigenen Saftes wieder. Mit strahlenden Augen hielt er mir sein Glas hin und klatschte in die Hände, als ich es dankbar leerte, voller Frohsinn, mit mir zu teilen und meine Freude dabei zu erleben.
Du wirst niemals so gemein sein, wie dieser Benjamin! Du wirst den Menschen mit einem guten Herz begegnen, dachte ich mir und nahm Elouan liebevoll in meinen Arm. Dann kam auch Lou dazu, und wir alle kuschelten einen Augenblick miteinander.
Dies war viel mehr wert, als alles Geld der Welt. Was waren schon ein paar hundert Euro gegen diesen Raum der Liebe, welchen Lou, Elouan und ich miteinander teilten.
Zudem werden wir reich damit beschenkt, dass wir, für einen Arbeitstausch, eine Weile ein Haus in mitten des schwedischen Waldes bewohnen können. Natur, sauberes Wasser, Stille, Frieden. All dies umgibt uns.
Dieser “Benjamin” hingegen wohnt wahrscheinlich in irgendeinem verwahrlosten Viertel in einer stinkenden Stadt, oder in einem öden Kaff, umgeben von Industrie und Monokultur. Ihn umgeben sicherlich keine Menschen, die ihn bedingungslos lieben, oder die er selbst aufrichtig liebt.
Diese Gedanken waren bloß Spekulationen der Wut, doch mir wurde daraus hervorgehend bewusst, wieviel Mangel dieser Mensch erleben musste, dass er solch einen Weg wählte, um Geld zu erlangen. Ja, er vergreift sich ja nicht einmal an den Reichen und gibt es den Armen, wie Robin Hood es getan hätte. Das wäre auf einer gewissen Ebene ja noch irgendwie ehrbar. Stattdessen zielt “Benjamin” auf diejenigen ab, welche selbst nicht viel Geld haben.
Immer noch spürte ich die Wut in mir, doch nach und nach verwandelte sie sich in Mitgefühl.
Wofür braucht er wohl das Geld? Ist er vielleicht heroinabhängig? Ich habe schon mehrfach gehört, dass Menschen alles für ihren Stoff machen. Weiß er einfach nicht anders zu überleben?
Sicherlich hat ihn sein Vater selten liebend auf den Arm genommen. Wahrscheinlich wurde ihm bereits als Kleinkind allerlei verboten, was einem Kind zu seiner freien Entfaltung verhelfen würde. Vielleicht wurde er regelmäßig angeschrien, eventuell sogar geschlagen. Mit Sicherheit hat er schnell gelernt, dass er nur durch ein Ellenbogenverhalten, gepaart mit Betrug und Tücke bekommt, was er will. Unter welchen Umständen er auch immer aufgewachsen war, sie haben aus einem kleinen, unschuldigen Menschenwesen, vermutlich einen gefühlskalten Egoisten gemacht. So jedenfalls meine Story.
Wieder einmal begriff ich, welch Ausmaß die Prägung der frühesten Erfahrungen nimmt, welch Einfluß die Eltern auf das gesamte Leben eines Menschen, und derjenigen, welchen dieser begegnen wird, hat.
Dankbarkeit und Stolz erfüllten mich, in der Lage zu sein, meinem Sohn andere Werte mit auf seinen Weg zu geben. Elouan wird das Leben eines reichen Menschen leben. Reich an Liebe und Lebensfreude. Und er wird damit eine Bereicherung für die Welt und den Menschen, welchen er begegnen wird, sein.
All dieser Reichtum, den wir erleben dürfen, fehlt “Benjamin”.
Schließlich ging mein Prozess von Wut zu Mitgefühl noch eine Ebene tiefer.
Denn ich erkannte, dass ich mich und das Leben, welches ich lebte, über ihn und das seine stellte. Ich hatte ja keine Ahnung, wer er wirklich war und wie er lebte und was ihn zu dieser Tat bewegte.
Wieder sah ich mich in meine Schulzeit versetzt, als die großen Gangster-Brüder sich mir breitschuldrig gegenüberstellten. Die Angst, in die Mülltonne gesteckt zu werden, wie sie das bereits bei vielen anderen getan hatten, war groß. Oder mich an der Unterhose auf einem Zaunpfahl aufgehängt wieder zu finden, sodass es höllisch im Schritt weh tat.
Doch durch meine Furcht hindurch, wusste ich bereits damals, dass solche Menschen bloß weiter geben, was sie selbst durch andere erfahren hatten. Auf welche Weise auch immer. Aber in mir war damals kein reines Mitgefühl, Innerlich stellte ich mich über diese Gangster. Ich geringschätzte ihre Taten und hielt nicht diejenigen, die in die Tonne gesteckt wurden, sondern sie selbst, als die wahren Verlierer und Versager.
Genau so tat ich es jetzt mit “Benjamin”. Mein Prozess hatte dazu geführt, dass ich nicht mich, der ich doch der Betrogene war, als den Verlierer ansah, sondern “Benjamin”, der er das Opfer seiner Umstände war.
Ich stellte mich ganz klar über ihn und urteilte darüber, wie er ist und wer er ist, ohne ihn zu kennen und ohne Kenntniss über seine wahren Beweggründe zu haben. Nun, ich bin auch jetzt nicht frei davon. Und wahrscheinlich würden meine Vermutungen eher bestätigt werden, würden wir uns gegenüber stehen. Doch sicher kann ich mir nicht sein.
Dann eine Erkenntnis, ein Blick in den Spiegel der multidimensionalen Wahrheiten: Wohnte mir nicht der gleiche Mangel inne, welcher bei “Benjamin” dazu geführt hatte, diese Tat zu vollbringen?
War es nicht meine eigene finanzielle Enge, welche erst dazu geführt hatte, auf ihn hereinzufallen?
So war es schließlich dies was unsere Leben zusammen geführt hatte: das Gefühl von Mangel. In diesem Fall der Mangel an Geld.
Solche Dinge ziehen sich an.
Erst jetzt, wo ich dieses, uns verbindende, Laster erkannte, hatte ich den Eindruck, auf einer Ebene mit “Benjamin” anzukommen. Und doch fällt es mir schwer, mit einem Netzbetrüger, den ich nicht ein einziges mal vor mir stehen hatte, der sich mir nicht einmal als wirklicher Mensch zu erkennen gab, reines Mitgefühl zu empfinden. Und das ist für mich erst einmal in Ordnung so. Ich erlaube mir wütend zu sein, denn die Wut zeigt und schützt meine Grenzen.
Auch kleine Schritte bringen einen auf dem Weg voran. Zumal sie dann meist mit mehr Achtsamkeit vonstatten gehen.
Vielleicht hatte ich auch einfach nur Pech. Das wäre leichter gesagt und dann würde ich in meiner Wut mit Leichtigkeit Selbstbestätigung finden.
Dann würde es nur noch darum gehen, mir selbst zu verzeihen.
Doch um ganz ehrlich mit mir zu sein: hätte ich darauf gewartet, bis ich den Eindruck gehabt hätte, mir die Kamera zu einem höheren Preis leisten zu können, bzw. zu wollen, dann wäre ich vermutlich keinem Betrüger ins Netz gegangen. Alles kommt zurück. Auf die ein oder andere Weise.
Spannenderweise habe ich mir für dieses Jahr vorgenommen das Gefühl von Enge, vor allem auf finanzieller Ebene, loszulassen, und mich der Fülle zu öffnen. Solche Neujahrsvorsetze sind immer einfach gesagt und manchmal schwerer umzusetzen. Doch ich habe an Neujahr nicht beschlossen, von heute auf morgen meine Einstellung zu Geld zu ändern. Vielmehr habe ich damit eine Zielsetzung vorgegeben, mich diesem Thema zu widmen. Es nicht mehr zu übergehen, wenn es in meinem Leben auftaucht.
Seitdem spielt mir das Leben zu. Dieser Betrugsfall ist nicht das erste mal in diesem Jahr, dass ich mich damit auseinandersetzen muss, das Gefühl zu haben, mir würde auf die ein oder andere weise ungerechterweise Geld weggenommen werden.
In beiden Fällen erkannte ich jedoch auch, dass das verlorene Geld nicht wirklich weh tut.
Wenn ich in den Kopf gehe, ist der Ärger und das Mangelgefühl zwar groß, denn wir haben keinen ersichtlchen Geldfluss. Damit meine ich, dass unsere Ausgaben zur Zeit größer als unsere Einnahmen sind. Im Grunde haben wir gerade keinerlei Einnahmen und es ist noch unklar, wann, wie und wo wir demnächst wieder etwas Geld hereinbekommen können. Die Begleiterscheinung des freien Lebens, welches wir gewählt haben. Wir sind reich an Zeit für unser Familienleben, an Zeit für unseren Sohn da zu sein, doch dafür mangelt es an einem Geldfluss.
Wir folgen unserem Traum, einen zu uns passenden Ort, sowie zu uns passende Menschen zu finden, um ein bewusst gelebtes Leben in tiefer Verbundenheit mit der Natur zu leben.
Aber manchmal gibt es auf diesem Weg Durstrecken, und immer wieder müssen wir wieder umdrehen, oder eine Abzweigung auf diesem klaren Weg nehmen, damit ich irgendwo irgendeinen Job annehme um ein wenig Geld zu verdienen.
Wir nutzen die Möglichkeit, unseren kreativen Geist zu erproben, indem wir uns Räume fürs Schreiben, Malen, Fotografieren, Musik, Naturverbindung uvm. schenken, doch noch haben wir keinen Weg gefunden, daraus einen materiellen Wert für uns zu kreiren.
Durchaus fühle ich mich von diesem einhergehenden Engegefühl auch nach meinem letzten Prozess und auch bis hier hin, nicht wirklich frei. Rein rechnerisch bewegen wir uns auf ein Minus zu, und die Vorstellung von roten Zahlen lösen in mir einen inneren Alarm aus.
Doch ist diese Enge im Grunde nicht eine unnötige Einschränkung unseres Glücks? Was ist schon dieser “kleine” Geldverlust, im Vergleich zu wirklich existenziellen Nöten, welchen viele andere Menschen dieser Welt ausgesetzt sind? Wie kann ich mich als Opfer beklagen, wenn es mir im Grunde doch so gut geht?
Solche Gedanken lassen mich zwar auf der einen Seite leichter fühlen, wecken allerdings auch so etwas wie Schuld in mir: Als ob es mir, im Vergleich mit anderen, nicht erlaubt sei, mich wegen vierhundert Euro aufzuregen, wo doch andere wirklich schlimme Schicksalsschläge erdulden müssen.
Ist diese Einschränkung der Gefühle nicht auch irgendwie eine Art von Mangel? Das Gefühl, solchen Empfindungen keinen Raum geben zu dürfen, weil nur andere das Recht haben, sich schlecht zu fühlen? Eine kleine Frage an die ganz Großen ;)
Erst nach einem ausführlichen Bad in meinen widerspenstigen Gefühlen, erst nach einer wohltuenden Kuschelrunde mit meinen Liebsten und einem ausführlichen Regenspaziergang im Wald, wo mein Gram mit der Melodie des Eisbaches hinfortfließen konnte, gelang es mir nach einigen tiefen Atemzügen, meinen Kopf ein wenig ruhen zu lassen und einfach mal ganz ehrlich in mich hinein spüren.
Dort, inmitten der stillen Melodien der Natur vermochte ich endlich mir selbst zu verzeihen. Und das war der allerwichtigste Schritt von allen!
Dann war es endlich keine Kopfsache mehr, sondern der innere Frieden, welcher mir bewies, dass es völlig egal ist, ob wir diese vierhundert Euro mehr oder weniger haben.
Es geht uns so oder so gut. Und auch, ob wir/ich nun die hervorragende Sony Alpha 6400 besitzen, oder wir weiterhin die Wunder unserer Reise mit der Handykamera fotografieren, oder in der schärfsten Qualität in unseren Erinnerungen bewahren, ist nicht wirklich von essentieller Bedeutung.
Es wäre auf einer gewissen Ebene sicherlich eine Bereicherung diese Kamera zu haben, doch der wahre Reichtum, die wahre Fülle, die liegt wo ganz anders. Die erkenne ich, wenn mein Sohn herzhaft lacht, weil er mit mir seinen Orangensaft teilt. Die liegt darin, wenn Lou und ich uns in den Armen liegen, während unser kleiner Rabauke auf uns herum hüpft. Ich kann sie finden, wenn der Frühlingsgesang durch den Wald hallt, oder wenn ich einen tiefen Schluck aus der Stille des Sees nehme.
Worin also, liegt unsere wahre Fülle?
Natürlich. In der Liebe zum Leben.
Und im Vertrauen, dass wir immer genug haben werden, um unser Glück zu erkennen.
Mit diesen Worten schließe ich diese kleine Geschichte und begebe mich hinunter zu meinem Liebsten. In einem erneut erwachten Bewusstsein der Fülle, welche mich immerzu umgibt und mir innewohnt.
Danke fürs Lesen.
Teilt gerne eure Gedanken mit mir.
Wenn du gerne über neue Beiträge informiert sein möchtest, trete unserem Telegram-Kanal :) https://t.me/+ZzIlydfDdLAxYTAy

Comments