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- Aus der Perspektive des Vaters - Geburtsgeschichte

  • Autorenbild: louël
    louël
  • 6. Dez. 2023
  • 6 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 21. Jan. 2024

(Falls du die Hörbuchversion bevorzugst, gehe auf dieser Seite nach ganz ganz unten. Dort findest du die mp3 Datei)


Frühlingsmorgen; Ein Sonnenschein, Glitt durchs Fenster zu uns herein

Von Wellen getragen, in Liebe empfangen,

Im Meeresrausche die Menschen sangen

So ward geboren ein Licht so rein,

In unsere schöne Welt hinein.



Dieses Gedicht habe ich nach der Geburt unseres Sohnes geschrieben.

Es war ein Sonnenstrahl, welcher über den Horizont gekrochen kam, sich durch das Fenster schlich und uns weckte, als sogleich die Fruchtblase platzte. Der erste Sonnenstrahl seit vielen Tagen, der erste wahrhaftige Frühlingstag. Und für uns ein Beginn wie kein anderer. Der Beginn einer ganz neuen Geschichte.


Ich weiß noch, wie die Sonne gerade mein Gesicht kitzelte, als Lou rief: „Maël, die Fruchtblase ist geplatzt! Hol schnell ein Handtuch!“

Obwohl ich sofort reagierte, verstand ich zunächst gar nicht was los war. Nach kurzer Absprache mit Lou ging ich hinunter, um unserer Hebamme Sonia Bescheid zu geben, welche glücklicherweise genau an diesem Tag da war und ausgeschlafen hatte.

Sie blieb jedoch sehr entspannt und putzte sich erst einmal die Zähne. Zuerst etwas verwundert, würde ich im Nachhinein sagen, dass diese Ruhe sicherlich genau die richtige Energie für den weiteren Verlauf der Geburt war.

Schließlich machte ich ein Frühstück und brachte es Lou an das Bett. Sie bekam jedoch nur zwei Löffel herunter und begann sich im Bett zu wälzen. Die ersten Wellen fanden ihren Ausdruck in lautem Tönen. Da erst begriff ich, dass die Geburt wohl tatsächlich los ging. Als Sonia das Zimmer betrat, bestätigte sie dies.

Kurz darauf war Trubel im Haus; Sonia, unsere Freundinnen Anna, sowie Chiara bereiteten den Geburtsraum vor. Währenddessen hielt ich Lou in meinen Armen, streichelte sie, flüsterte ihr beruhigende Worte in ihr Ohr und begleitete sie in ihrem Tönen. Sonia gab uns diesen Tipp, denn es sei für die Frau leichter, sich in die Wellen hinein zu entspannen, wenn jemand mit ihr tönt.

Für mich öffnete dies einen magischen Raum, den ich so nicht erwartet hätte: Ich fühlte mich bald als würde ich mit Lou in der Geburt verschmelzen. Natürlich hatte ich nicht die unglaublich intensiven Körperempfindungen, welche Lou hatte, dennoch fühlte es sich für mich an, als würde ich selbst gebären.

Als Sonia fragte, ob Lou den Raum wechseln wolle, um in den Geburtspool zu steigen, war diese sich zunächst gar nicht sicher, ob sie aufstehen könne, so stark waren bereits die Wellen, welche sie durchströmten. Mit meiner Hilfe wagte sie es dann aber doch, sich in den heiligen Geburtsraum zu begeben.

Im Kerzenschein schimmerte der Pool, welcher in der Mitte des Raumes stand. Die Fenster waren mit schönen Tüchern bedeckt, an der nächsten Wand des Pools ein Bild der Göttin Yemanja, die Göttin der Meereswellen und Muttergöttin. Meeresrauschen tönte sanft aus den Lautsprechern.

Wunderschön, leuchtend und strahlend war Lou, die kraftvolle Frau, als sie sich in das Wasser begab, um unser Kind zu gebären.

Wir befanden uns in einem magisches Energiefeld, welches ich kaum in Worten beschreiben kann.

Während ich Lou vom Beckenrand aus stützte, sorgte Anna dafür, dass in Warmwasser getränkte Tücher Lous Rücken bedeckten. Sonia und Chiara hielten den Raum. Ab und zu reichte Chiara eine Tasse Tee. Sonia beobachtete, notierte, stellte ab und zu eine wichtige Frage, oder gab einen kleinen Tipp, wie es für Lou leichter gehen könnte. Doch meistens hielt sie sich am Rande, wofür wir sehr dankbar waren. Der Prozess durfte einfach geschehen.

Immer lauter stöhnten Lou und ich, die Abstände zwischen den Wellen wurden immer kleiner.

Beinahe durchgehend kraulte ich dabei Lous Rücken. Dies war ein Anker, welchen wir in einer hypnotischen Geburtsvorbereitung gewählt hatten, damit Lou sich während der Geburt mehr entspannen kann. Dazu flüsterte ich ihr ab und zu in ihr Ohr, dass sie loslassen könne und ließ sie den Duft von Zitronenöl einatmen.

All dies waren Dinge, von denen Lou, so berichtete sie im Nachhinein, überhaupt nichts mitbekommen hatte. Sie war zu diesem Zeitpunkt bereits völlig in der Trance der Geburt. Im Rausch der Wellen


Schließlich fragte Sonia vorsichtig nach, ob Lou denn noch einen Wunsch für diese Geburt hätte.

Lächelnd wünschte sie sich mich zu ihr in den Pool.

Darüber freute ich mich sehr, denn dies wäre ebenfalls mein Wunsch gewesen.

Also stieg auch ich in das Wasser, um Lou ganz ganz nah zu sein. Während ich sie von hinten in meinen Armen hielt, sie streichelte und mit ihr tönte, löste sich die Zeit und alles Denken vollends im Strom der Wellen auf.

Manchmal überließ ich Lou ihrem Tönen und sang mit den anderen ein sanftes, doch kraftvolles Lied. Es fühlte sich richtig heilig an, wie wir Lou in unserer Mitte hatten, wie wir sie und den Raum hielten. Es war mir, als würden wir begleitet von einem magischen, unsichtbaren Wesen, welches die Urkraft der Geburt, ja des Lebens, zu sein schien.

Eine Kraft, welche den Raum erfüllte und Lou durchströmte. Ich spürte und sah, dass das, was sie erlebte, unglaublich anstrengend war, und doch lag in ihrem, beinahe schreienden, Gesicht auch eine tiefe Entspannung, eine Hingabe. Sie war so wunderschön. So kraftvoll. Leuchtend. Ihre Schönheit, ihre Kraft, waren Ausdruck des Todes, welches ihr altes Ich erlebte, und sie waren der Ursprung ihres neuen Seins als Erden-Mutter.

Urweiblich war ihr Tönen, und meines war die urmännliche Antwort darauf. Weiblich und Männlich verschmolzen. Ich floss mit dem Fluss der Geburt und so verabschiedete sich auch mein vorheriges Leben, wurde von den Wellen mitgerissen, und mit der Geburt meines Sohnes, wurde ein neuer Vater geboren.


Ich kann mich noch ganz genau an diesen Moment erinnern. Kurz zuvor schon hatte Lou meine Hand genommen und in sich geführt, sodass ich den kleinen Kopf spüren konnte. Dies war ein so berührender Moment für mich gewesen, dass ich heute manchmal kaum glauben kann, das alles, diese Magie und Liebe während dieser Geburt, erlebt zu haben.

Während Lou immer lauter tönte, sangen wir anderen ein Mantra. Om Mani Padme Om.

Dieses Mantra holte für mich den absoluten Frieden mit in den Raum. Ein Frieden, der nicht ruhig war, sondern so wild und kraftvoll wie die Geburt und wie das Tönen der werdenden Mama selbst. Schließlich endete das Mantra mit einem sehr langen Om. Im selben Augenblick, als auch dieses verebbte, kam plötzlich das kleine Köpfchen zum Vorschein.

Lou war nun voll und ganz in ihrer Kraft. Mit einer klaren, präsenten Absicht und einem lustvollen Willen wurde das kleine Kind in das Wasser und unser beider Arme hinein geboren wurde. Es war 11:22 Uhr am 23.März 2021.



Etwa vier Stunden hatte die Geburt gedauert. Es hätte ebenso gut eine Stunde sein können. Oder auch fünfzehn. Die Zeit war wie im Fluge vergangen und schien gleichzeitig kaum von der Stelle gekommen zu sein. Doch darüber machten wir uns erst einmal keine Gedanken.

War das ein Moment der Freude: Lou in meinen Armen, ein kleiner Junge in ihren Armen.

Ein intensives, gemeinsames Ankommen, in welchem wir unsere Augen kaum von dem kleinen Wesen abwenden konnten.

Nach etwa 30 Minuten klopfte die Plazenta an.

Lou lehnte sich erneut am Beckenrand an. Wunder über Wunder, wurde der Mutterkuchen geboren; Ein großes, fleischiges Gebilde, welches an einen Baum, oder an die Wurzeln eines Baumes erinnerten.

Als Lou schließlich aus dem Geburtspool stieg, legte sie mir Elouan in die Arme.

Da erlebte ich noch einmal einen ganz besonderen Moment: Das erste mal war mein Körper dem Körper meines Sohnes so nah, wie es als Mann nur möglich war. Nie werde ich vergessen, wie wunderschön er sich in meinen Armen anfühlte, und wie stark meine Liebe zu ihm sich in diesem Augenblick festigte.

Bereits als er noch im Bauch war, hatte ich die tiefe, liebende Verbindung zu ihm gespürt. Hatte mit ihm gesprochen, für ihn gesungen, hatte seine Hand mit meiner Hand durch Mamas Bauchdecke angestupst. Doch nun war er voll und ganz fühlbar und mir war, als genieße auch er es, mich endlich spüren zu können.



Als ich selber aus dem Pool ausstieg, übergab ich Lou wieder unseren Sohn. Die noch mit ihm verbundene Plazenta wurde vorsichtig mit ihr zu dem Matratzenlager getragen, welches in der Zimmerecke eingerichtet worden war.

Welch ein Jubel: Das ganze Haus feierte. Ja sogar die Nachbarn hatten für uns gekocht und kamen herüber um uns zu beglückwünschen. Es wurde mit Sekt und Orangensaft angestoßen.

Das Essen war sehr lecker, doch weder Lou noch ich bekamen wirklich etwas herunter. Wir waren viel zu energiegeladen.

Voller Verliebtheit hatten wir kaum Augen für irgend etwas anderes, als unseren Sohn.

Nur als Sonia uns etwas zur Lotusgeburt erklärte, verfolgten wir ganz gespannt, wie sie die Plazenta mit Wasser wusch und schließlich mit Salz, Loorberblättern und Lavendel einrieb, um sie zu konservieren. Zum Schluss streute sie Rosenblätter drüber, um die Plazenta zu ehren. Ein Ritual, welches wir von nun an für Sechs Tage wiederholen sollten. So lange sollte es dauern, bis sie und Elouan sich von selbst voneinander trennen würden.


Während der Prozess der Geburt zeitlos schien, verflog plötzlich der restliche Tag.

Irgendwann war es dunkel. Während Lou und Elouan im Bett lagen, feierten wir im selben Zimmer noch ein wenig einen weiteren Geburtstag: Nämlich den von Anna. Für sie war es ein ganz besonderes Geschenk gewesen, dass ihr zukünftiges Patenkind an ihrem Geburtstag zur Welt gekommen ist. Eine lustige Erinnerung: Die frisch geborene Mama, mit ihrem frisch geborenen Sohn, im Bett. Wir anderen saßen daneben auf dem Boden, aßen Kuchen, sangen Geburtstagslieder und spielten Topfschlagen.

Irgendwann aber fand dieser Tag sein Ende. Und während Lou und ich am Morgen noch das letzte mal zu zweit erwacht waren, schliefen wir nun das erste mal zu dritt ein.

Welch ein schöner Morgen danach.



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