top of page

Lange Sommerglanztage - Reise durch Norwegen und Abschiedslieder

  • Autorenbild: louël
    louël
  • 14. Aug. 2023
  • 21 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 16. Dez. 2023

(Falls du die Hörbuchversion bevorzugst, gehe auf dieser Seite nach ganz ganz unten.)



Endlos ziehen sich die bemalten Wolken über den weiten Nachthimmel.

Beinahe künstlich strahlen sie in kräftigem Pink und goldenem Schein.

Im Südosten ein violetter Schatten. Man könnte meinen, er kündigt die bevorstehende Dunkelheit an. Doch im Nordwesten strahlt der Himmel in ungetrübten Blau.

Es ist nach Mitternacht. Die Vögel zwitschern so vergnügt, als sei gerade erst der Tag angebrochen. Vermutlich feiern sie, dass er nie wirklich enden wird. Denn im Sommer geht die Sonne im Norden kaum unter. Für uns hat sie sich zwei, vielleicht drei Stunden hinter dem Berg versteckt, bevor sie gegen 3 Uhr in der Früh wieder das Land mit ihrer Wärme segnet.

Der Sommer ist die radikale Antwort auf die frostigen, finsteren Tage des Winters. Der von Schneeschmelze und Regen durchfeuchtete Boden ist die perfekte Basis, für die grünen Pflanzenfreunde, welche sich gierig in den endlos hellen Himmel strecken. Wenn sie schon nur eine kurze Zeit des Jahres haben, um ihre grüne und blumenreiche Schönheit der Welt zu präsentieren, dann dafür mit einer gewaltigen Kraft. Nirgendwo habe ich Löwenzahn und Huflattich solch riesige Blätter bilden gesehen. Noch nie habe ich erlebt, dass mir der Rotklee bis zu den Kniekehlen reicht.

Auch die Gärten der Bauern explodieren mit fetten Tomaten, unendlichen Salaten, riesigen Rhabarberblättern, Radieschen, in den Gewächshäusern sogar die Wassermelonen.

Die lebensbejahende Kraft der skandinavischen Sommersonne ist der faire Ausgleich zu der alles in stillstand bringenden Kraft des langen Nordwinters. Die Natur ist in perfekter Balance. Und es ist für alles gesorgt. Selbst an den extremen Orten.

Auch an den Menschen hat die Natur nur all zu gerne gedacht: Warum sonst gibt es, ausgerechnet im hohen Norden, wo es für unsereins lebenswichtig sein kann, auch bei Eis, Regen und Schnee möglichst schnell ein Feuer zu entzünden, Unmengen an Birken, deren Rinde selbst im klitschnassen Zustand der perfekte Zunder ist.





Und so wie die Pflanzen, ergötzen sich auch die Menschen an der Fülle des Lichts und der Wärme.

Sie strömen aus ihren Winterhöhlen, und wissen jetzt schon: der nächste Winter naht. Daher gibt es viel zu tun: Dächer reparieren, Heu für die Tiere mähen, Garten voranbringen, Holz machen, Feste feiern... Der Sommer ist die aktive Jahreszeit. Entspannt werden kann zu Genüge im Winter, wenn alles schläft.

Während wir über die Wintermonate kaum Kontakt zu Einheimischen geknüpft haben, begegneten uns im Sommer plötzlich all die Menschen, welche wir gewünscht hatten kennen zu lernen.

Da sind zum Beispiel Sil und Ebbe, mit ihrer Tochter Gaia. Wir haben das kolumbianisch-norwegische Paar auf ihrem Permakulturhof “Taiga Food Forest” besucht. Bei ihnen durften wir nicht nur eine Idee dafür bekommen, was und mit welchen Tricks man in Norwegen anpflanzen kann, sondern vor allem haben wir in ihnen Freunde gefunden. Gemeinsam feierten wir eine Woche lang Lous Geburtstag, indem es einen Kuchen nach dem anderen gab. Doch nicht nur über Kuchen, auch über selbst gemachte Falafel, Sauerteigpizza und vieles mehr durften wir uns freuen. Wobei Lou selbst von all den leckeren Sachen die gebacken und gekocht wurden, nur wenig ausreichend genießen konnte, denn eine Sommergrippe hatte ihr jeglichen Geschmack geraubt. So konzentrierte sie sich vor allem auf die Textur des Essens und lobte diese meistens hoch.

Für Elouan war es sicherlich toll, in Gaia eine Spielgefährtin zu finden. Gerne setzte sie sich zu ihm auf das Sofa und las ihm etwas vor. Wobei sie sich vermutlich ausdachte, was in dem Buch geschrieben steht. Doch es war oft auch nicht ganz leicht für Elouan. Immerhin war er es gewohnt, ganz in Frieden mit allem, was ihn umgibt spielen zu können. Dass da plötzlich jemand anderes war, der Spielsachen, oder auch das Trampolinhüpfen, für sich beanspruchte, war erst einmal schwierig auszuhalten. Doch schon bald teilte er sogar Papas Arm. Besonders spannend war für Elouan aber der Bagger. Ebbe bereitete den Garten für das geplante Permakultur-Paradies vor. So schaufelte er, unter der Beobachtung von Elouan, bis spät in die Nacht hinein Erde hin und her, ebnete Flächen, oder zog Gräben für Wasserkanäle. Noch heute erzählt er uns manchmal, wie Ebbe mit dem Bagger umgefallen ist. Das war ein Schreck für uns alle. Doch mit Seilwinden, und gekonnter Baggerführung, schaffte es Ebbe in kürzester Zeit, den ausgeliehenen Bagger wieder aufzusetzen.



Ja, es gab viel zu erleben auf Taiga Food Forest. Und das gemeinschaftliche Leben dort gefiel uns gut. Doch es zog uns weiter in den Norden, denn wir wollten noch andere Gegenden erforschen.

So besuchten wir bald darauf unsere finnisch-norwegischen Freunde Jo und Pauliina mit ihrem Sohn Lillebjørn. Diese kannten wir bereits aus dem letzten Sommer, und da ihr Zuhause mehr oder weniger auf unserer geplanten Route lag, war es klar für uns, dass wir sie erneut besuchen würden.

Dort war Lou wieder gesund und konnte schmecken, weswegen es noch einmal einen Kuchen gab. Ja, wie gesagt, bei den Norwegern ist der Sommer der Monat der Aktionen, aber vor allem auch der Feiern.

So wurde ausführlich geschmaust, sauniert, und der Zuber angeheizt.

Der Sommer war mittlerweile voll und ganz angekommen, im hohen Norden. Überall blühte und surrte es, in weitläufiger Pracht. Die Hummeln und Bienen flogen eifrig von Weidenröschen zu Klee, Lupine und Rose. Alles summte, vibrierte, lebte. Für Midsommer, welches aufgrund eines Dauerregens samt Gewitter, eher ein finsterer Tag war, wurde über der überdachten Feuerstelle gekocht. Wir trugen Blumenkränze auf den Köpfen, ganz so, wie man sich ein nordisches Midsommerfest vorstellt. Sauna gab es auch noch einmal, was wir vor allem der finnischen Pauliina zu verdanken hatten. Für sie ist es das Minimum, einmal in der Woche Sauna zu machen. Selbst an den heißesten Sommertagen. Sie erzählte uns von ihrem Cousin, welcher in einem Friedensprojekt in der Wüste Sinai in Ägypten mithalf. Auch dort hatten die Finnen eine Sauna errichtet, in welcher sie regelmäßig schwitzen gingen. Man sagt über die Finnen, dass die Sauna das erste sei, was sie bauen. Danach wird das Haus drumherum errichtet.




Eine weitere Familie war auf das Grundstück gezogen: Miri, Forest und ihre damals siebenwöchige Tochter Ronja, welche wir sogleich ins Herz schlossen. Sie wohnten für den Sommer in einem Zelt mit Holzofen, mit einer herrlichen Aussicht über das Tal.

Mit ihnen hatten wir einen anregenden Austausch, denn unsere Vorstellungen von einem Gemeinschaftsleben, und vor allem der Kinderbegleitung, ähnelt sich in vielen Bereichen.

So waren wir begeistert, als sie uns erzählten, dass sie auf ein Familien-Gathering fahren würden, auf welchem noch weitere Familien mit naturnahen Gemeinschaftsvisionen und Homeschool-Interesse anzutreffen seien.

Wir wussten sofort: da müssen wir hin! Allerdings sollte es nordöstlich von Trondheim liegen, was eine lange Fahrt noch ein gutes Stück weiter in den Norden bedeutete. Aufgrund unseres finanziellen Engpasses, wussten wir noch nicht, ob es eine gute Idee sei, die große Fahrt zu wagen.

Doch am nächsten Tag sollte sich diese Frage entspannen.

An diesem Morgen schlief Elouan länger, was mir den Freiraum gab, ein ausführliches Morgenritual, bestehend aus Meditation, Yoga und Naturanschaung, zu machen. Danach fühlte ich mich so richtig angeknüpft, an den Fluss des Lebens und die Vollkommenheit des Seins und wurde inspiriert ein Gebet an das Universum zu senden: den Wunsch nach einem Geldfluss, welcher auf einfache Weise zu uns gelangen würde.

Kurz darauf wachte Elouan auf. Ich ging in unseren Camper um ihm seine Wasserflasche zu reichen. Im nächsten Moment klopfte es an der Tür: Es war Lynx, die Nachbarin, bei welcher wir das Jahr zuvor den Wildniskurs besucht hatten. Sie rief: “Hey, good morning! I´ll give you 1000 Euros in cash, when you take care of my horses for the next 10 days, how does this sound?”

Das klang wunderbar! Lou war noch etwas verschlafen und überfordert, doch es dauerte nicht lange, da schlugen wir ein.

Manchmal kann es so leicht sein!

So kam es, dass wir 10 Tage neben den Pferden schliefen, ihnen ab und zu einen Heuballen gaben, und die wunderschöne Aussicht genossen.

Hühner gabs dann auch noch zu füttern, welche uns im Gegenzug einige ihrer Eier schenkten. Es war tatsächlich so, als würden sie uns ausgewählte, frische Eier mit Absicht hinlegen. Denn diese lagen immerzu vor dem Nest, während sie die Eier, auf welchen sie saßen, vehement verteidigten. Es dauerte nicht lange, da schlüpften auch schon die Küken...



Mit einem Haufen Cash in der Tasche fuhren wir schließlich in Leichtigkeit und Freude zweieinhalb Tage in den Norden, um auf das Familien-Gathering zu gelangen. Es war wirklich eine schöne Fahrt und das erste mal seit langem hatten wir mal wieder das Gefühl, so richtig im Urlaub zu sein.

Wir wählten die Route zwischen dem Femundsmarka Nasjonalpark und dem Forollhonga Nasjonalpark, durch die alte Siedler- und Bergwerksstadt Røros hindurch. Auf der Fahrt bestaunten wir lang gezogene Berge, an deren Hängen Schnee hing. Wir fuhren durch urige Wälder, welche aus kleinen, knorrigen Birken bestanden. Und wir sahen einen Elch, sowie Rentiere.

Diese wunderschönen Tiere wirkten auf uns wie eine Mischung aus Hirsch und Schaf. In kleinen Herden liefen sie ständig auf die Straße, was uns zu einer gemütlichen Weiterfahrt verhalf.

Nachdem wir einen Pass überquert hatten, fuhren wir in ein Tal hinein, dessen fichtenreiche Hänge uns teilweise an die schweizer Berge erinnerten. Nur, dass die alten Häuser typisch norwegisch waren: traditionelle Blockhäuser, deren Dächer mit Birkenrinde abgedichtet waren und begrünt wurden. Auf den älteren Dächern wuchsen sogar kleine Birken, was den Hütten ein urig magisches Aussehen verlieh.

Wir passierten Seen, mit langen Sandstränden, welche eine solche Sommeridylle ausstrahlten, dass wir uns gar nicht vorstellen konnten, wie diese Landschaft noch vor zwei Monaten ausgesehen hatte, als sie von Eis und Schnee überzogen gewesen war.





Schließlich gelangten wir an den Fjord Trondheims.

Es ist eine interessante Gegend. Denn obwohl sie sich schon sehr weit im Norden befindet, lässt sich hier teilweise mehr anbauen, als im norwegischen Inland weiter südlich. Dies beruht auf den warmen Strömungen des Golfstroms, der das Klima rund um den Fjord beeinflusst, welcher weit in das Landesinnere hinein reicht.

An den Ausläufern des Fjords lag unser Ziel: Ein kleiner Hof am Ende einer Schotterstraße.

Hier sollte nun für fünf Tage das Gathering stattfinden, zu welchem Familien aus ganz Norwegen anreisten. Manche kamen aus der direkten Umgebung, andere von der berg- und fjordreichen Westküste und wieder andere weit her von der Ostküste, nahe Oslos.

Sie alle verband das Interesse, sich mit anderen alternativ denkenden Eltern zu vernetzen. Manche haben den Wunsch eine Gemeinschaft zu gründen, andere wiederum wollten mehr über Homeschooling wissen, oder ihre Erfahrungen darin mit anderen teilen.

Homeschooling ist in Norwegen kein Problem, was für uns dieses Land zusätzlich attraktiv werden ließ. Die Gastfamilie selbst unterrichtet ihre Kinder nicht im klassischen Sinne, sondern unterstützen sie ganz einfach in ihren Interessen, sodass sich die Kinder frei entfalten können. Wobei diese sich sehr viel selbst oder gegenseitig beibringen. Wären wir nicht vorher schon von der Freilernidee, oder dem “Unschooling” überzeugt gewesen, diese Familie hätte uns die Augen geöffnet. Alle drei Jungs, im Alter zwischen fünf und elf Jahren, konnten beispielsweise gutes, bis sehr gutes Englisch sprechen und auch lesen. Ganz einfach durch eigene Lernfreude und dass es immer wieder Besuch aus anderen Ländern gab, welcher durch Work-Away auf dem Hof gelandet sind. Die Kinder kamen uns dabei keinesfalls besonders hochbegabt, sondern ganz einfach natürlich interessiert vor. Das einzige Problem, welches viele Home- oder Unschooling-Familien in Norwegen haben, ist die große, räumliche Distanz zwischen den jeweiligen Familien. Daher ist das Interesse an gemeinschaftlichem Leben groß. Und deshalb wurde vermutlich auch dieses Gathering ins Leben gerufen.

Es war schön, Elouan mit so vielen Kindern zu erleben. Auch wenn die meisten für ihn etwas zu alt waren, kam es immer wieder vor, dass er mit einem anderen Kind spielte, oder ihnen hinter her lief, um das Trampolin, einen Kletterbaum oder die Rutsche zu entdecken. Doch immer wieder musste er die Härte des Gemeinschaftslebens kennen lernen, wenn ein Kind ihm das Spielzeug wegnahm, mit welchem er selbst gerade spielen wollte. Es gab nicht wirklich ein festes Programm auf dem Gathering. Im Grunde war es vor allem ein schönes, gemeinschaftliches Beisammensein, mit Feuer, Musik und gemeinsamen Heuen. Nur die Muttersegnung für eine der schwangeren Frauen, war fest eingeplant. Und so kam es, dass die Frauen für einen Tag unter sich waren, während die Männer mit den Kindern an den Fluss gingen. Was genau bei der Muttersegnung passierte, muss euch wohl Lou erzählen. Alles, was ich aus der Ferne wahrnahm, war ein großes, schwingendes Feld aus Freude, Schwesterlichkeit, Sanftheit und Kraft. Und bunt sah er aus, der Kreis der Frauen, in der blumenreichen Wiese, unter dem schützenden Zeltdach.




(Die meisten Fotos des Gatherings wurden von Janne gemacht. Schaut gerne auf ihrer mystischen Homepage vorbei und bestaunt ihre Fotografie: https://www.voiceofnature.earth)


Ich selbst bereitete zusammen mit Forest und einem der anderen Väter das Abendessen vor. Es sollte etwas ganz besonderes werden: Selbst gejagtes Reh, sowie Fleisch von den eigenen Schafen, stundenlang gegart im Erdofen. Wir hoben hierfür ein großes Loch aus, legten es mit Steinen aus und entzündeten ein großes Feuer, welches wir für einige Zeit in Gang hielten. Als es hinunter gebrannt war, entfernten wir den Großteil der Glut und streuten eine Schicht Erde hinein. Auf diese legten wir dann das gewürzte Fleisch, welches wir mit großen Huflattich und Löwenzahnblättern eingepackt hatten. Schließlich schaufelten wir alles wieder zu und warteten geduldig etwa fünf Stunden lang. Dann wurde festlich geschmaust. Das wieder ausgebuddelte Fleisch war saftig zart und schmeckte allen Anwesenden vorzüglich.


Fleisch. Tiere essen. Ein heikles Thema auf vielen alternativen Veranstaltungen. Da uns das skandinavische Leben in Bezug auf unserer Ernährung sehr geprägt hat, möchten wir gerne ein wenig darauf eingehen. Denn noch vor eineinhalb Jahren waren wir aus ethischen Gründen strikte Veganer. Das haben wir in unserem Zusammenleben mit Skandinaviern immer mehr hinterfragt und mit der Zeit hat sich einiges gewandelt.

Während wir von alternativen "Gatherings" oder Festivals aus Europa gewohnt sind, dass ausschließlich vegetarische bis vegane Nahrung auf dem Speiseplan steht, gab es hier vor allem Fleisch, Butter, Joghurt und Eier. Doch gerade im Norden macht für uns diese Ernährung immer mehr Sinn. Die Winter hier sind hart, die Menschen verbrennen mehr Fett und wenn es um Selbstversorgung geht, sind Tiere sehr schnell im Spiel, denn der Garten gibt nicht das ganze Jahr über etwas her. Außerdem, was ist schlussendlich ökologischer?: Sojageschnetzeltes aus Monokulturfarmen, Kokosmilch aus Malaysia, Bananen und Avocados aus Chile, Nüsse aus Israel, oder das selbsgejagte Wild, sowie Beeren aus dem Wald vor der Tür, der Fisch aus dem Fluss nebenan, das Fleisch der eigenen Tiere, die Eier von den Hühnern, die Milch von denKühen, oder Ziegen, dazu Gemüse aus dem eigenen Garten?

Der Mensch braucht für eine gesunde Lebensweise Fette, Eiweiße und natürlich andere Nährstoffe. Es gibt einige Pflanzen, die, wenn man sie in großen Massen isst, einem genug dieser Nährstoffe zur Verfügung stellt. Doch diese Pflanzen wachsen nicht so einfach in Norwegen. Auch nicht in Deutschland oder der Schweiz.

Für uns erscheint es oft sinnvoll zu schauen, wie die Menschen gelebt haben, bevor sie sich in der Zivilisation, und der Globalisierung, verfälscht haben. Glücklicherweise existieren auch heute noch einige, wenn auch vergleichsweise wenige, indigene Völker, die im Einklang mit der Natur leben. Unseres Wissens nach gibt es, selbst in den Tropenregionen, in welchen es ein Leichtes sein könnte sich nur von Früchten, Gemüse und Samen zu ernähren, kein Menschenvolk, welches nicht auch Tiere auf seinem Speiseplan hat. In den meisten Völkern werden den Babys als erste feste Nahrung Leber, oder auch Gehirn zum Essen gegeben, da diese besonders wichtige Nährstoffe für die Entwicklung des kleinen Menschen enthalten.

Wie wichtig es nun tatsächlich ist, tierische Produkte zu essen, oder wie gesund eine längerfristige, vegane Ernährung schlussendlich ist, können wir vermutlich nur herausfinden, indem verschiedene Menschen verschiedene Wege gehen und Erfahrungen sammeln.

Es ist noch gar nicht so lange her, da konnten wir uns überhaupt nicht vorstellen Tiere zu essen.. Lou war etwa zehn Jahre vegan. Auch in der Schwangerschaft. Elouan wirkt sehr gesund, froh und munter. Daher scheint es durchaus möglich zu sein, eine gesunde vegane Ernährung zu leben.

Dennoch konnten wir uns in den vergangenen 13 Monaten immer mehr mit einer regionalen Tierprodukternährung anfreunden. Mittlerweile erscheint es uns sogar weitaus sinnvoller. Während wir vorher beinahe vegan lebten, scheuen wir nun nicht mehr davor zurück, unsere Zähne in fettiges Fleisch zu schlagen. Ganz im Gegenteil: Wir danken den Tieren, dass sie es uns ermöglichen Teil des regionalen Ökosystems zu sein.

Was wir, als Reisende, natürlich leider nicht wirklich sind. Oder nur gelegentlich.

Irgendwie liegt uns Menschen das Nomadentum ja im Blut. Viele Jahrtausende sind wir umhergereist, immer den besten Jagdgründen hinterher.

Heutzutage aber, gibt es keine großen Tierherden mehr, welchen wir folgen könnten. Die Nomaden der Zivilisation leben vom Supermarkt. Ein Umstand, welcher uns das Reiseleben immer weniger attraktiv werden lässt. Denn Tiere aus dem Supermarkt zu essen, entspricht nach wie vor nicht unserer Ethik.

Allgemein stellt sich uns natürlich immer wieder diese Frage:

Wer sind wir, als Menschen, das Leben anderer Tiere zu nehmen, um sie zu essen? Welches Recht haben wir dazu, wenn es auch anders geht?

Doch fügen wir dem Tier nicht beinahe größeres Leid zu, wenn wir aufgrund einer vegan-globalisierten Ernährung ihre Lebensräume zerstören?

Ernährung ist scheinbar kein simples Thema, doch kommt es uns mittlerweile einfach sinnvoll vor, möglichst das zu Essen, was Menschen bereits vor Jahrtausenden in ihrem Naturzustand aßen. Zumal diese Menschen nicht unter Karies, oder andere Ernährungsleiden hatten. Doch Fleisch im Supermarkt zu kaufen, ist für uns keine erstrebenswerte Option.

Waren es doch gerade die Fleischindustrie, die Massentierhaltung und Co, die das Fleischessen so sehr in Verruf gebracht haben und für uns lange unmöglich erscheinen gelassen haben. Die Nähe und der Respekt vor den Tieren, welche uns nähren, ist wohl das Wichtigste für uns in Bezug auf die Fleischernährung.

Die Ernährung im Allgemeinen ist wohl einer der größten Punkte für uns, warum wir die Sesshaftigkeit und Selbstversorgung anstreben. Nur dann, so scheint es uns zur Zeit, können wir aus der Souveränität heraus den nächsten großen Schritt hinein in ein Leben im Einklang mit der Natur machen.

Ich bin etwas abgescheift, aber hier schließt sich der Kreis wieder.

Denn während wir noch vor einem Jahr große Mühe hatten, uns in einem Selbstversorgerleben in Skandinavien vorzustellen, und damit zu einem großen Teil vom Tier zu leben, hat sich im Zusammensein mit Norwegern, so einiges in uns bewegt.

Gerade Norwegen erscheint uns mittlerweile als ein äußerst attraktives Land zur Selbstversorgung, wenn man okay damit ist, selber zu jagen und zu fischen und vielleicht mit ein paar Tieren zu leben.

Somit war es für uns bereichernd auf dem Gathering so einige Menschen zu treffen, die tatsächlich zu einem großen Teil von den Nahrungsmitteln ihrer eigenen Farm, dem Wald und den Gewässern leben.

Hinzu kommt, dass in Norwegen die Grasflächen der Tiere, sowie die Gewässer und Wälder, zum größten Teil frei von industrieller Verschmutzung sind. Es lässt sich dort also vorzüglich gesund und ökologisch leben, solange man nicht vor hat, sich vom Supermarkt zu ernähren. Dann ist man nämlich in Deutschland sehr viel besser aufgehoben. In noch keinem Land haben wir solch eine ungesunde Auswahl an Lebensmitteln erlebt. Um so mehr steigert es natürlich den Willen, sich selbst zu versorgen.





Doch nun genug der Ernährungsthematik und der Werbung fürs Auswandern nach Norwegen.

Es gibt noch ein anderes Ereignis, welches ich gerne mit euch teilen möchte.

Nach dem Gathering wurde ich dazu eingeladen eine Kanutour mit fünf weiteren Vätern zu machen, während die Frauen mit den Kindern auf dem Hof blieben.

Für einen der Väter war es die letzte Möglichkeit ein solches Abenteuer zu erleben, bevor sein viertes Kind geboren wurde. Für andere, war es der erste Ausflug ganz ohne Kinder. Auch ich selbst war seit meiner Vision Quest 2021 nicht mehr einen einzigen vollen Tag ohne Lou und Elouan.

Es war ein merkwürdiges Gefühl, die beiden auf dem Hof zu lassen. Doch wusste ich sie glücklicherweise in guter Gesellschaft.

Anfangs versprach ich mir von den zweieinhalb Tagen eine Erholung vom alltäglichen Vatersein. Doch bereits die erste Nacht offenbarte sich als große Herausforderung. Denn das Ufer, an welchem wir rasteten, war voller Gnots. Gnots sind sandkorngroße, fiese, in Schwärmen über einen herfallenden Fliegen, welche einem Mücken plötzlich ganz harmlos vorkommen lassen. Das größte Problem: Gnots sind so klein, dass sie einfach durch die Maschen der herkömmlichen Moskitonetze hindurch fliegen. Ich hatte zwar ein geeignetes Netz dabei, doch das war von all dem Campen in Heidelbeerbüschen beschädigt worden. Kaum ein Auge konnte ich in dieser Nacht schließen. Es war ein ständiges Hin und Her zwischen Im-Schlafsack-Verkriechen, Nach-Luft-Schnappen und Gnots-in-meinem-Gesicht-Erschlagen.

Ein erquickendes Bad im eiskalten Gewässer erfrischte am nächsten Morgen jedoch meinen Geist und ich freute mich auf eine Fortsetzung unserer Tour. Und es war wirklich eine schöne Route, durch Wildnis und Stille.

Hatten wir uns im letzten Blogbericht noch darüber beschwert, dass es selbst im Norden schwer sei, wirklich komplett stille Orte zu finden: Hier war sie, die Stille!

Und die Landschaft war zudem wunderschön.

Den ersten Tag überquerten wir einen riesigen, spiegelglatten See, welcher von, im späten Sonnenlicht glänzenden Bergen, umsäumt wurde. Das wilde Land beschenkte uns in seiner vollen Pracht. Der See war wie eine wunderschöne Pforte, raus aus der Zivilisation, rein in eine heile, unberührte, doch auch tückische Welt. Das Spiegeltor, der See, führte uns an seinem westlichsten Zipfel zu unserem weiteren Weg durch das wilde Land. Ein Fluss, an dessen Mündung wir unser Nachtlager aufschlugen.

Bis spät in die Nacht saßen wir am Lagerfeuer, dessen feuchtes Holz genug Rauch abgab um die Gnots fern zu halten.

Einer der Männer offenbarte uns eine Weisheit seines Großvaters: Wenn man erfolgreich beim Fischen sein wollte, musste man etwas opfern, was einem wichtig ist. So goss er ein volles Glas seines Whiskey in den Fluss und bat um einen erfolgreichen Fang für den nächsten Tag.

Und noch eine Traditionen dieser Gegend sollte ich kennen lernen: “Moonshine Coffee”. Man lege eine Münze in eine Tasse, schütte Kaffee darauf, und gieße so viel des regionalen Schnaps (sogenannter Moonshine) hinterher, bis die Münze wieder sichtbar werde. Skol!

Im weiteren Verlauf der Nacht erzählten wir uns Geschichten, lernten uns besser kennen und tranken Moonshine Coffee zu Maultrommelmusik.

Wer sich nun ein idyllisches Bild von freien Männern unter dem klaren Sternenhimmel vorstellt, war noch nicht zur Sommerzeit im hohen Norden. Idyllisch war es ja, und frei fühlten wir uns sicherlich, aber es blieb nahezu taghell, weswegen es schwer war zu sagen, wann wir schlussendlich ins Bett gingen. Doch das war uns egal, denn wir hatten beschlossen, auf diesem Trip ohne Zeit zu sein.

Am Tag darauf folgten wir dem Fluss stromabwärts. Glücklicherweise waren drei Männer unserer Gruppe erfahren mit dem Kanadier, sodass wir uns gut auf die drei Boote aufteilen konnten. Denn der Fluss war flach und die Strömung war stark, sodass es immer wieder abzuwägen galt, welche Route man nahm. Und immer wieder wurde man von aus dem Wasser ragenden Felsen, oder herabhängenden Bäumen überrascht, auf welche die Strömung einen zutrieb. Oft musste man blitzschnell das Kanu herumreißen, oder auch mal die Köpfe einziehen und hoffen, dass man ohne zu kentern unter dem Ast hindurch glitt.

Als der Fluss ruhiger wurde offenbarte sich die nächste Herausforderung: strömender Regen, gar Gewitter.

Gerade noch rechtzeitig fanden wir Schutz unter einer tief hängenden Fichte.

Eine Minute länger auf der freien Wasseroberfläche und wir wären nass bis auf die Unterhose geworden.

Dennoch: Nach gut einer Stunde waren einige von uns so durchnässt, dass wir beschlossen einfach weiter zu fahren.

Und dann kam ein Geschenk des Flusses: An einer Kiesbank lag eine Angelrute, samt Haken und Köder. Keiner der bereits vorbei Gefahrenen hatte sie bemerkt und da ich der Einzige der Truppe war, der keine eigene Angelrute besaß, war sie wohl für mich bestimmt. Es sollte auch gar nicht lange dauern, da hatte ich eine Forelle am Haken. Da wir kein Abendessen für diesen Tag im Gepäck hatten, wurde es auch höchste Zeit, dass wir Fische fingen.

Immerhin: Vier Forellen brutzelten am Abend über den uns trocknenden Flammen.

Für diese Nacht schmierte ich ein Moskitoschutz aus natürlichen Rohstoffen in mein Gesicht. Und tatsächlich: ich durfte schlafen. So tief, dass ich wohl nicht bemerkte, wie lange schon die Sonne mir ins Gesicht schien. Als ich aufwachte brannte meine Haut und sollte sich in den kommenden Tagen abblättern.

Nach einem ausführlichen Frühstück paddelten wir weiter flussabwärts. Mittlerweile war der Fluss groß und breit geworden und nur selten war es notwendig auf Stromschnellen zu achten. Doch da dieser Fluss irgendwann in einen riesigen Wasserfall führte, mussten wir ausweichen: Etwa fünfhundert Meter trugen und zogen wir die Kanus durch ein herrlich weites Sumpfgebiet. Die größte Herausforderung waren hier die tückischen Wasserlöcher, in denen man ganz leicht mal bis zum Oberschenkel versinken konnte.

Bald darauf stießen wir auf einen weiteren Fluss, welchen wir stromaufwärts zu folgen hatten. Die Strömung war nicht stark, dafür war das dunkle, bernsteinfarbene Gewässer oft nicht tief genug um zu paddeln. Und so bestand der Großteil des dritten Tages daraus die Kanus zu ziehen und zu tragen. Wie gesagt: Eine Erholung war diese Tour nicht. Dafür war sie genau das, was die meisten Männer ab und zu brauchen: Ein Abenteuer, bei welchem Kopf und Körper gebraucht wurden.

Bald schon offenbarten sich die ersten größeren Zeichen der Zivilisation: In Mitten der Wildnis stießen wir auf eine Hütte, welche mit den Alphütten der Schweiz vergleichbar war. Dort machten wir eine Pause, es wurden Pfannkuchen und Kaffee serviert.

Im weiteren Verlauf unserer Tour sollten uns vermehrt am Ufer stehende Schafe und Kühe anstarren. Sie grasten gemütlich auf scheinbar unangetasteten Wiesen, zwischen knorrigen Birken und Erlen.

Doch dass diese Wälder nachwievor wild waren, sollte sich uns bald zeigen: Plötzlich stieß einer unserer Gruppe, welcher am Ufer entlang gelaufen war, auf ein gerissenes Schaf. Da es hier keine Wölfe geben sollte, wurde auf Bär oder Luchs getippt. Was es auch war: Viel war von dem Schaf nicht mehr übrig geblieben. Ein dunkelroter Fleck auf grünem Moos, und weit verteilte Knochen.

Es war ein spannendes Gefühl, das erste mal die Gewissheit zu haben, dass hier auch größere Raubtiere leben, als die nervigen Gnots.

Irgendwann, nach ewiger Schlepperei bei Nieselregen, erspähten wir in der Ferne etwas großes, weißes. Ein Auto. Und tatsächlich: plötzlich standen wir auf einem Wanderparkplatz, wo wir mit Bus und Anhänger erwartet wurden.

Auch wenn es nur zweieinhalb Tage waren, es war ein schönes Gefühl wieder bei meinen Liebsten zu sein, um sie in die Arme zu schließen.

Während wir Männer unsere Kanutour erlebten, hatte es bei den Frauen ein ganz anderes Abenteuer gegeben: Eine Geburt. Da das Kind noch lange nicht erwartet wurde, fand die Geburt allerdings nicht wie geplant auf dem Hof statt. Doch zu aller Erleichterung und Freude wurde ohne Komplikationen ein gesunder Junge geboren.

So hatten wir alle uns viel zu erzählen. Doch uns Männern konnte man die Anstrengung und den Schlafmangel anmerken. Schon bald schlief der erste im Sitzen auf seinem Stuhl ein. Und auch ich war froh, mich ins gnotfreie Bett zu legen und die Kanutour als schöne Erinnerung mit mir zu nehmen.



Als Lou und ich für unsere Weiterplanung auf die Karte blickten, stellten wir fest, dass wir mittlerweile näher an der nördlichsten Spitze Norwegens waren, als an Zürich. Während der ganz hohe Norden zuvor immer sehr weit weg wirkte, schien er plötzlich greifbar. Es wären wahrscheinlich vier bis fünf weitere Tage Fahrt gewesen. Etwas in uns wäre zu gerne weiter hoch gefahren, doch bereits gesetzte Termine in Deutschland und in der Schweiz waren für uns schwer vorstellbar wieder abzusagen.

Dennoch fuhren wir vier weitere Stunden in den Norden, in die Nähe von Steinkjer, um ein Grundstück kennen zu lernen.

Ein Grundstück, welches vielleicht einmal das Lithica Land werden könnte.

Lithica Land?

Das Lithica Land soll ein gemeinschaftliches “Rewilding Humans”-Projekt werden. Die Vision stammt von Lynx, welche bereits seit jahrzenten danach strebt, Menschen wieder mit der Natur zu vereinen. (Siehe Link am Ende des Beitrags)

Die Idee hinter Lithica ist ein wirklich spannendes Konzept, welches mit uns auf vielen Ebenen räsoniert.

Die Grundidee ist folgende: Drei Zonen.

Zone 1: Moderne Zone. Hier gibt es alle modernen Technologien, Maschinen, Handys, Strom, allerdings möglichst angetrieben durch erneuerbare Energien. Diese Zone soll als Verbindungstor zwischen der modernen Zivilisation und dem Lithica Land dienen.

Zone 2: Zone des Wandels. Hier werden Seminare und Workshops stattfinden, in welchen Menschen Fähigkeiten erlernen, um wieder in der Wildnis zu leben. Auch beinhaltet die Idee, dass es hier ein Dorf gibt, in welchem Menschen in simplen, stromfreien Behausungen leben, mit begrenzter moderner Technologie. Teilweise wird es Gärten geben, teilweise wird sich von der Jagd ernährt.

Zone 3: Die Wildnis. Dies ist die größte Zone. Es ist erwünscht, dass Menschen sich hier nur aufhalten, wenn sie jegliche modernen Utensilien abgelegt haben. Das bedeutet: Entweder sie tragen selbstgemachte Klamotten und Werkzeuge aus Naturmaterialien mit sich, oder sie sind nackt.

Die Vision, die Grenze zwischen Mensch und Wildnis wieder aufzulösen und damit den Grundpfeiler für das weitere Dasein von wilder Natur im Beisammensein des Menschen, zu gewährleisten, gefällt uns gut, so ist sie unserer eigenen Vision sehr ähnlich. Wir wissen nicht, ob wir persönlich jemals wie die Jäger und Sammler unserer Ahnen leben können und wollen. Aber das ist auch nicht das unbedingte Ziel dieses Projektes. Vielmehr geht es im Grunde darum sich einer Bewegung zu widmen, welche bestenfalls von vielen weiteren Generationen weiter geführt wird und somit eine Richtung im großen Wandel beiträgt. In der Hoffnung, dass die Kenntnisse, die es benötigt, um wahrhaftig im Einklang mit der Natur zu leben, nicht verloren gehen und wieder verbreitet werden.

Wir wissen auch noch nicht, ob wir schließlich Bewohner von Lithica werden. Dafür ist noch zu unklar, wer die anderen sesshaften Menschen dort sein würden, und das ist für uns schlussendlich das Ausschlaggebende: Dass das soziale Gefüge, das Dorf, für uns stimmt.

Auch wenn vieles noch sehr unklar ist, was uns persönlich, aber auch das gesamte Projekt angeht, so war es spannend uns schon einmal in ein potentielles Land hineinzufühlen.

Und es war definitiv einen Besuch wert. Das über 280 Hektar große Land beginnt am Ende einer Schotterstraße, an einer Häusergruppe und zieht sich dann ein Tal entlang. Der Wald ist größtenteils seit vielen Jahren unangetastet. Wir entdeckten dort neben schönen, knorrigen Bäumen, jede Menge Spuren von Elchen, und wäre es später im Jahr gewesen, hätten wir uns den Bauch mit Blaubeeren vollschlagen können.

Der wilde Bach ist wohl das Spektakulärste an diesem Grundstück: er schlängelt sich von den Bergen her durch das Tal, stürzt sich an mehreren Stellen als gewaltige Wasserfälle hinab, bildet immer wieder kleine Schwimmbecken und verschwindet an einer Stelle für eine Weile wieder unter der Erde.

Wir sind diesem Bach flussaufwärts gefolgt, bis er beinahe zu einem kleinen Fluss wurde, welcher einem See entspringt. Ein wunderschöner See, in einer felsig, kargen Landschaft, knapp unter der Baumgrenze. Da es jedoch ein sehr stürmischer Tag war, hielten wir uns nicht sehr lange an seinen Ufern auf und bevorzugten es am Fluss zu fischen. Tatsächlich dauerte es nicht lange, bis er uns eine Forelle schenkte, welche unser Abendessen verfeinerte.

Gerne hätten wir das Land noch mehr erkundet, doch der Wind und zusätzlicher Regen ließen uns bald wieder zu unserem Wohnmobil zurück kehren. Es wäre sicherlich spannend gewesen, das Grundstück bis hinauf in die Berge zu erkundschaften, wo es schließlich in der weiten Wildnis endet, welche bis über die schwedische Grenze reicht. Außer samischen Rentierhirten mit ihren Herden, sind es hier viele viele menschenleere Kilometer, zwischen der norwegischen und der schwedischen Zivilisation.


Wer mehr über Lithica erfahren möchte, kann sich die Website anschauen: https://www.lithica.earth/


Zurück in der Zivilisation begannen wir unsere intensive Rückreise in den Süden. Über eine Woche sollte diese Fahrt dauern.

Dieses mal wählten wir die Route zwischen den höheren Bergen des Dovrefjells und des Rondane Nasjonalparks hindurch. Wieder wurden wir an die Schweiz erinnert, nur dass die Landschaft weiter wirkte und die Böden von Rentierflechten übersät war.

Wir besuchten noch einmal für einen Tag unsere Freunde Jo, Pauliina und Lillebjørn. Auch Lynx statteten wir einen weiteren Besuch ab. Sie schenkte uns zum Abschied ihr Buch “Return – A Journey Back to Living Wild”, welche sie vor kurzer Zeit veröffentlichte. Ein wirklich interessantes und schönes Buch, sehr poetisch geschrieben.

Auf der Weiterfahrt machten wir einen kurzen Zwischenstopp auf ein Abendessen bei Sil, Ebbe und Gaia.

Es war sehr schön, einige der lieb gewonnenen Menschen wieder zu treffen, sich zu verabschieden und irgendwie mit allen das Gefühl zu haben, sich bald wieder zu sehen.







Schließlich überquerten wir die Grenze nach Schweden, durchfuhren das schöne Värmland und das Dalsland. Als wir bei Uddevalla, einer mittelgroßen Stadt ankamen, erwischte uns der erste Kulturschock. Vor allem ich war irgendwie nicht darauf vorbereitet gewesen, wieder in Massen von Autos und einer von Feldern und Straßen dominierten Welt unterwegs zu sein.

Wir hatten zwar eine Fähre in Halmstadt zu erwischen, doch einen Tag hatten wir noch als Puffer. Und so traten wir erst einmal den Rückzug an: Wieder ein Stück in den Norden, an einen der vielen idyllischen Seen des Dalslands.

Dort verbrachten wir den folgenden Tag, um uns auf die kommende Zeit vorzubereiten.

Die letzten tiefen Atemzüge der frischen Luft des autoleeren Nordens. Die letzten großen Schlücke aus einem naturbelassenen See, fern jeglicher konventioneller Landwirtschaft. Die letzten Momente der friedvollen Stille des weiten Waldes.

Die reiche Natur des Nordens beschenkte uns noch einmal mit ihrer Fülle; gleich oberhalb des Sees wucherten Blaubeer- und Himbeerbüsche, welche pralle, süß-saure Beeren trugen.

Ein letztes mal am Feuer kochen.




Den Abend vor unserer Weiterfahrt verbrachten wir in gemütlicher Runde. Elouan schlief in Lous Armen ein, während Maël Gitarre spielte. Wir sangen Abschiedslieder, versprachen zurück zu kommen.


Atme tief ein. Lehne dich zurück. Stell dir vor, du sitzt mit uns unter den Wipfeln der Kiefern, an dem Ufer eines Waldsees und blickst verträumt in die leuchtenden Flammen unseres Lagerfeuers. Wenn du magst, lausche unseren Abschiedsliedern, indem du die folgende Datei anklickst.

(Die Audioaufnahme des Blogbeitrages ist ganz am Ende zu finden)


Magst du uns finanziell unterstützen?

Wir freuen uns sehr :) Das kannst du entweder per Banküberweisung machen:

Name: Mael Kohl, IBAN: DE02430609676035039500, BIC; GENODEM1GLS

Friedhofsweg 1, 35041 Marburg. GERMANY

Oder per PayPal Freunde: mael.kohl@gmx.de


Falls du über neue Blogbeiträge auf dem laufenden gehalten werden willst, folge unserem Telegram.Kanal: louël - our life journey https://t.me/+ZzIlydfDdLAxYTAy


Oder schau auf Instagram vorbei: louel.louel https://www.instagram.com/louel.louel?r=nametag


Audioaufnahme des Blogbeitrages:




Comments


bottom of page